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Billigkeitskontrolle der aktuellen Gaspreiserhöhungen aufgrund der Folgen des Ukrainekriegs

Als Folge des Ukrainekrieges und den damit verbundenen Importproblematiken bei leitungsgebundenem Erdgas aus der Russischen Föderation erhöhten bereits einige Gasversorger die Preise für die Endkunden. Dass weitere Versorger folgen werden, ist absehbar. Hinzu kommt, dass ab dem 01.10.2022 die sogenannte Gasbeschaffungsumlage eingeführt wird, die nach Auskunft der für die Ermittlung zuständigen Trading Hub Europe GmbH (THE) zunächst 2,419 ct/kWh betragen wird.

Möglichkeit der Billigkeitskontrolle

Für betroffene Gaskunden stellt sich die Frage, ob sie die Preiserhöhungen ohne Überprüfung hinnehmen müssen oder eine Möglichkeit auf Kontrolle deren Rechtmäßigkeit besteht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichthofs (BGH) unterliegen Erhöhungen der Preise für leitungsgebundenes Erdgas grundsätzlich der sogenannten Billigkeitskontrolle gemäß § 315 BGB (BGH Urteil vom 13.07.2007, Az. VIII ZR 36/06). Hiervon ausgenommen sind nach der sogenannten Preissockeltheorie des BGH lediglich die zu Vertragsbeginn vereinbarten Anfangspreise (BGH Urteil vom 19.11.2008, Az. VIII ZR 138/07; BGH Urteil vom 13.06.2007, Az. VIII ZR 36/06). Innerhalb bereits bestehender Gaslieferverträge unterliegen die aktuellen Preiserhöhungen daher grundsätzlich der Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB. Eine gerichtliche Überprüfung ist, wenn der jeweilige Versorger ein einseitiges Preisbestimmungsrecht hat, somit möglich.

Ob ein solches gerichtliches Verfahren zu dem Ergebnis führt, dass die jeweilige Preiserhöhung nicht rechtmäßig ist, hängt letztlich davon ab, ob die Beschaffungskosten der Versorger tatsächlich in dem Maße angestiegen sind, in dem die Tarife für die Endverbraucher erhöht werden. Denn nach der Rechtsprechung des BGH hängt die Billigkeit von Preiserhöhen davon ab, ob die vom Gasversorger einseitig vorgenommene Preiserhöhung auf einer - nicht durch Kostensenkungen in anderen Bereichen ausgeglichen - Steigerung seiner eigenen Bezugskosten beruht und er seiner Verpflichtung nachgekommen ist, bei einer Preisänderung Kostensenkungen ebenso und nach gleichen Maßstäben zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen (vgl. BGH Urteil vom 24.02.2016, Az. VIII ZR 216/12).

Im gerichtlichen Verfahren trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass Preiserhöhungen der Billigkeit entsprechen, denjenigen, der die Leistungsbestimmung gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen zu treffen hat (BGH Urteil vom 19.11.2008, Az. VIII ZR 138/07). Es ist also Sache des Gasversorgers den Nachweis zu führen, dass sich seine Einkaufskosten tatsächlich in dem Umfang erhöht haben, wie sie an die Kunden weitergegeben werden.

Ausgleichsmechanismus der Gasbeschaffungsumlage

Bei der Billigkeitsprüfung nicht unter anderem zu berücksichtigen, dass der Ausgleichsmechanismus der oben erwähnten Gasbeschaffungsumlage sich für den Kunden positiv auswirken kann. Zwar trifft die Umlage alle Versorger gleichermaßen und diese sind dazu berechtigt - nicht gesetzlich verpflichtet - sie an die Endkunden weiterzugeben. Jedoch dient die Umlage zum Ausgleich der durch den Ukrainekrieg gestiegenen Beschaffungskosten der Gasimporteure. Der Erlös aus der Umlage wird dazu verwendet, die Erhöhung der Einkaufskosten für diejenigen Gasimporteure auszugleichen, die aufgrund des Konflikts nicht mehr zu den ursprünglich vereinbarten (günstigeren) Konditionen aus der Russischen Föderation beliefert werden. Die betroffenen Importeure haben einen Anspruch auf Ausgleich der Differenz zwischen den ursprünglich vereinbarten Einkaufspreisen in den ausgefallenen Russland-Kontrakten und den nunmehr in den geschlossenen Ersatzverträgen geltenden Preisen.

Das Ausgleichsystem der die Gasbeschaffungsumlage regelnden Gaspreisanpassungsverordnung (GasPrAnpV) sollte somit dazu führen, dass die Verluste der Gasimporteure, die aufgrund des Ausfalls von Russland-Kontrakten entstehen, vollständig ausgeglichen werden. Eine Weitergabe dieser Verluste innerhalb der Lieferkette, an deren Ende die Gaskunden stehen, dürfte nicht mehr erfolgen. Ansonsten würde ein doppelter Ausgleich für Mehraufwendungen der Gasimporteure entstehen.

Überprüfung von Preiserhöhungen angebracht

Bei gesetzeskonformer Umsetzung des Mechanismus der GasPrAnpV, dürfte bei den Endkunden von den Ausfallkosten der Russland-Kontrakte damit lediglich die jeweilige durch die THE festgelegt Umlage verbleiben. Wenn Gasversorger hierüber hinaus gehende Tariferhöhungen mit Verweis auf den Ukrainekrieg durchführen, ist es daher empfehlenswert, diese Preise einer Überprüfung zu unterziehen.



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