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Steffen Bayer Rechtsanwalt Koeln
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Rechtstellung des Kunden bei verspäteter Abrechnung von Strom und Gas

Obwohl im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) klar geregelt ist, dass Strom- und Gasrechnungen dem Kunden spätestens sechs Wochen nach Ende des Abrechnungszeitraums zugehen müssen, wird diese Frist in der Praxis durch Versorger häufig nicht eingehalten. Nicht selten kommt es sogar zu Verzögerung von mehreren Jahren. Betroffene Kunden stehen dann vor der Frage, ob sie nach einem derartig langen Zeitraum noch zur Zahlung verpflichtet sind. Diesbezüglich sind insbesondere folgende Aspekte zu beachten:

Regelverjährungsfrist drei Jahre

Für Vergütungsansprüche aus Versorgungsverhältnissen gilt die Regelverjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB. Der Verjährungsbeginn richtet sich im Allgemeinen nach § 199 Abs. 1 Ziffer 2 BGB und fällt somit auf den Schluss des Jahres, in dem der Versorger die Rechnung hätte erteilen können. Dies gilt insbesondere innerhalb von Energieversorgungsverträgen außerhalb der Grundversorgung (vgl. LG Köln Urteil vom 07.05.2018, Az. 19 O 3/18).

Verwirkung der Vergütungsansprüche

Es ist zu prüfen, ob Verwirkung der Vergütungsansprüche eingetreten ist. Ein Recht ist gemäß § 242 BGB verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat, der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde, und wegen des geschaffenen Vertrauenstatbestandes die verspätete Geltendmachung des Rechts sich als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte darstellt (BGH NJW 2003, 824). Eine solche mit Treu und Glauben unvereinbare Härte liegt vor, wenn der Schuldner im Hinblick auf die Nichtgeltendmachung des Rechts Vermögensdispositionen getroffen hat und durch die Nachforderungen in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät, während er bei rechtzeitiger Geltendmachung des Anspruchs seine Lebensführung entsprechend angepasst hätte (Palandt/Grüneberg, BGB, § 242, Rn. 95). Die Regelung des § 40 Abs. 4 EnWG, die eine Abrechnungsfrist von sechs Wochen vorsieht, verfolgt den Zweck, derartige Situation zu verhindern. Der Kunde soll sich durch zeitnahe Abrechnung unter anderem auf die in Zukunft zu erwartenden Vergütungsansprüche einstellen, seine wirtschaftliche Planung danach ausrichten und gegebenenfalls seinen Energieverbrauch reduzieren können.

Rechnungskorrektur nur drei Jahre möglich

Gemäß § 18 Abs. 2 StromGVV/§ 18 Abs. 2 GasGVV ist die Korrektur von Berechnungsfehlern lediglich für den Zeitraum von drei Jahren vor der Feststellung des Fehlers möglich. Berechnungsfehler sind alle dem Verantwortungsbereich des Versorgungsunternehmens zuzurechnenden Fehler bei der Abrechnung des Energieverbrauchs. Ein solcher Fehler liegt nicht nur dann vor, wenn der Verbrauch falsch abgelesen wurde, sondern auch, wenn eine Abrechnung anhand des tatsächlichen Verbrauchs fehlerhaft unterbleibt (LG Kleve Urteil vom 27.04.2007, Az. 5 S 185/06).

Unterbliebene/fehlerhafte Ablesung des Zählers

In Fällen von verspäteten oder nachträglich korrigierten Abrechnungen stellt sich oft heraus, dass für die Berechnung der Vergütung notwendige Zählerstände nicht abgelesen wurden. Häufig beruhen die Abrechnungen auf Schätzungen. Eine solche Schätzung ist nur unter den engen Voraussetzungen der § 11 Abs. 3 StromGVV/§ 11 Abs. 3 GasGVV zulässig. Eine Schätzung kommt hiernach nur in Betracht, wenn die Räumlichkeiten zum Zwecke der Ablesung nicht betreten werden konnten oder der Kunde eine vereinbarte Selbstablesung nicht oder verspätet vornimmt. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, besteht im Allgemeinen die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers der Abrechnung gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 StromGVV/§ 17 Abs. 1 S. 2 GasGVV. Die Darlegungs- und Beweislast für den tatsächlichen Verbrauch liegt damit beim Versorger (vgl.OLG Celle Urteil vom 12.11.2015, Az. 13 U 9/15; LG Magdeburg Urteil vom 28.10.2016, Az. 11 O 405/16).


Mehr zum Thema:

» Urteil LG Köln vom 07.05.2018, Az. 19 O 3/18 (pdf)


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